„Die Art.Fair 21 zeigt aktuelle Kunst„
Damian Zimmermann,
Kölner Stadtanzeiger, Köln, 2019
Köln – Der Andrang ist groß – das Publikum überwiegend jung: Internationale Galerien präsentieren aktuelle Kunst bei der Art.Fair 21 in den Räumlichkeiten der Expo XXI.
Köln – Auf der Kunstmesse Art.Fair 21 wagen nicht wenige Besucher den „Erstkontakt“ mit der Kunst. Darin besteht nach Angaben der Veranstalter auch das Konzept der Kölner Messe, die gestern ihre inzwischen siebte Ausgabe eröffnet hat. Die Besucher kaufen dort die eine oder andere Arbeit, mit der der Grundstein für eine Sammlung gelegt werden kann – während die Messe Sprungbrett und Tummelplatz für junge Künstler und Galerien ist.
So wie für Schmidla und Voss aus Köln, die vor einem Jahr eröffneten und jetzt mit
Gesine Kikol einen Volltreffer gelandet haben könnten. Die ehemalige Meisterschülerin von Jörg Immendorff zeigt ihre stark reduzierten Versionen von bekannten Porträts wie etwa Leonardo da Vincis „Dame mit dem Hermelin“ und „Madame de Pompadour“ von François Boucher, für die Preise von 3600 und 7400 Euro verlangt werden.
Für ein Schmunzeln sorgt unterdessen der Künstlerstand von „The Invisible Heroes“ alias Comenius Roethlisberger und Admir Jahic, der mit 160 dicht an dicht gehängten und schulterhoch gestapelten Rahmen alle Einzelbilder eines Youtube-Video zeigt – nur, dass es sich nicht um Videostills, sondern um handgemachte Zeichnungen auf handgeschöpftem Papier handelt, die viereinhalb Rating-Sterne inklusive.
Beachtliche Positionen kommen bei dieser neuen Ausgabe der Art.Fair wieder aus Asien. Ein Blickfang ist die „Avatar“-Serie von Masahru Sato am Stand der Düsseldorfer Galerie Voss. Diese kleinformatigen „Filme“ im Mangastil zeigen isolierte Menschen im urbanen Raum. Sie schauen den Betrachter direkt an, wenden ihr Gesicht schließlich gleichgültig ab und drehen es wieder zurück zum Betrachter. Dabei liegen sie im Parkhaus, hinterm Dusch- vorhang oder sind als Spiegelung in einer Pfütze zu sehen; wer das kaufen möchte, muss 3500 Euro aufbringen.
Noch zurückhaltender sind die fast winzigen und stark reduzierten Fotografien des Japaners Masao Yamamoto, dessen Arbeiten bis zum vergangenen Wochenende im Forum für Fotografie zu sehen waren. Bei Albert Baumgarten sind einige Arbeiten für 800 Euro – günstig – zu haben. Ein paar Euro mehr muss man hingegen für die Leinwände von Hideaki Yamanobe im Kölner Kunstraum 21 zahlen (1600 bis 11 000 Euro). Die sind ebenfalls stark zurückgenommen und zugleich abstrahiert, was eher eine Seltenheit auf der Messe ist – insgesamt dominiert hier doch das malerisch-figürliche und der bisweilen heftige Flirt mit Kitsch. Der Kunstraum verkauft zudem auch eine Reihe an Polke-Arbeiten zu Preisen zwischen 4800 und 30 000 Euro.
Als publikumswirksam dürften sich die gestapelten Käfige entpuppen, in denen Menschen hocken. Stephan Kaluza hat diese „Cages“ am Stand der Galerie Michael Schultz installiert und lässt seine Performance-Statisten dort agieren. Auch beliebt auf dieser Messe: Affenmotive. Zumindest bekommt der Betrachter während des Rundgangs unweigerlich eben diesen Eindruck. Man begegnet ihnen auf den Leinwänden von Mathias Perlet in der Galerie Brigitte Utz, in den Tuschezeichnungen von Hanna Nitsch bei Robert Drees und den pompösen Arbeiten von Yongbo Zhao bei KK Klaus Kiefer. Dort sind außerdem Bilder und Büsten des Maler Johannes Grützke für Preise von 5000 bis 33 000 Euro zu erwerben.
Wer mag, kann auf der Art.Fair aber auch etablierte Positionen finden. Ottmar Hörl, eben noch für seine Nazi-Gartenzwerge auf dem Ludwigsplatz in Straubing angeprangert, hat bei Christoph Maisenbacher ein kleines Sondereinsatzkommando an Joseph-Beuys-Büsten aufgereiht, und wer schon immer einen Tom Wesselmann oder Andy Warhol haben wollte, ist bei Hafenrichter an der richtigen Stelle.
Neben den eigentlichen Galerie-Kojen gibt es für die Besucher zwei kleine Wettbewerbsausstellungen. Zum einen der fast schon traditionelle Gesellschafter Art.Award, zum anderen der Fotografennachwuchspreis 1 / Award, der in diesem Jahr unter dem Motto „Streetphotography“ stand. Leider kann das Niveau der ausgezeichneten Arbeiten höheren Ansprüchen nicht genügen, da die so genannte Straßenfotografie lediglich als Spielwiese für Belanglosigkeiten, Schnappschüsse und Strukturspielereien ausgenutzt wird. Und das, obwohl die Galeristin und Art.Fair-Beiratsmitglied Yasha Young noch in ihrer Eröffnungsrede das allgemeine Mittelmaß auf dem Kunstmarkt anprangerte. Demnächst wird sich die Messe eine neue Halle suchen müssen, da der Gladbacher Wall vom Schauspielhaus beansprucht wird. Die Verhandlungen laufen, die Veranstalter warten auf ein Angebot der Stadt.